Nachdem vier Jahre in Folge teils knapp, teils deutlich, die 100.000er Grenze verfehlt wurde, wagte man sich 1970 an den Stoff „Der Ölprinz“. Tatsächlich stiegen die Besucherzahlen auf über 100.000. Da man bekanntlich gehen soll, wenn es am Schönsten ist, zog sich Wulf Leisner nach diesem Jahr von den Karl-May-Spielen zurück, die er seit 1954 geprägt hatte. Nicht nur Leisner feierte seinen Abschied, auch der langjährige Winnetou, Heinz Ingo Hilgers, hing die Silberbüchse an den Haken. Für viele ist er noch heute DER einzig wahre Winnetou. Hilgers war, bis zu seinem Tod im Jahr 2004, dem Theater tief verbunden.

Nicht nur in Bad Segeberg standen die Zeichen auf Abschied. Die von Horst Wendlandt und Arthur Brauner geprägte Reihe der Karl May Verfilmungen lief aus, die Wiederaufführungen in gekürzter Form endeten ebenfalls  – die Zeit für neue Heldenfiguren schien gekommen.

Der neue Intendant und Regisseur Toni Graschberger hielt sich zunächst an altbewährtes. Mit „Winnetou“ 1971 und „In den Schluchten des Balkan“ 1972 wählte man zwei Stücke aus, die bereits mehrfach am Kalkberg auf dem Programm standen. Wurden in diesen Jahren, wie bisher, noch eigens die Textbücher für dieses Theater geschrieben, griffen die Verantwortlichen 1973 auf ein bestehendes Buch zurück. Dieses stammte aus der Feder von Jochen Bludau, dem langjährigen Old Shatterhand, Regisseur, Textbuch-Autoren und Geschäftsführer der Karl-May-Festspiele in Elspe. Noch ahnte am Kalkberg niemand, dass sich im Sauerland bald ein Konkurrent von internationalem Format auftun würde.

Großen Mut bewies Toni Graschberger mit der Wahl seines Stücks für die Spielzeit 1974. Mit „Das Vermächtnis des Inka“ kam zum ersten und einzigen Mal ein Südamerika-Stoff auf die Bühne. Dieses Wagnis erwies sich als Volltreffer. Es wurde, nach 1971, das zweitbeste Zuschauerergebnis der Geschichte eingespielt.

Trotz alledem konnten diese Zahlen die Stadtväter nicht überzeugen. Das Auf und Ab der Zuschauerzahlen schien zu groß und sorgte für Beunruhigung. So war nach vier Jahren für Toni Graschberger Schluss. Für die Spielzeit 1975 wurde ein alter Bekannter in neuer Funktion verpflichtet. Harry Walther kehrte als Regisseur und Autor an den Kalkberg zurück. Mit modernem Inszenierungsstil und der Verpflichtung zugkräftiger Stars, führte er die Spiele innerhalb von zwei Jahren zu neuen Spitzenergebnissen. Rechtzeitig zum 25-jährigen Bestehen der Spiele 1976. Mit 160.496 Zuschauern konnte ein vorläufiger Höhepunkt erreicht werden.

1976 war auch das erste Jahr von Thomas Schüler in der Rolle des Winnetou. Nachdem in den Vorjahren ein gewisser Klaus-Hagen Latwesen die Hauptrolle innehatte. Doch sein Stern sollte erst ein paar Jahre später über Bad Segeberg aufgehen.

Walthers Erfolg sollte nicht von Dauer sein. Bereits in den Folgejahren zeichnete sich ab, dass der aufwändige Inszenierungsstil kein Erfolgsgarant war. Nur knapp konnte 1978 die 100.000er-Marke überschritten werden. Das Jahr 1980 bedeutete dann das Aus für den ehemaligen Old Shatterhand. 87.680 Zuschauer waren einfach zu wenig.  Die Karl-May-Spiele standen somit Ende der siebziger Jahre vor einer ungewissen Zukunft. Zumal in Elspe Pierre Brice verpflichtet werden konnte, was zu einem explosionsartigen Anstieg der Zuschauerzahlen führte. Eine ernsthafte Konkurrenz erhob sich.

Die Zeit der Unschuld am Kalkberg war vorbei.

Übersicht der Spielzeiten:

1970 – Der Ölprinz

1971 – Winnetou

1972 – In den Schluchten des Balkan

1973 – Unter Geiern – der Geist des Llano Estacado

1974 – Das Vermächtnis des Inka

1975 – Old Surehand

1976 – Winnetou I & II

1977 – Der schwarze Mustang

1978 – Durchs wilde Kurdistan

1979 – Old Firehand