Was heute undenkbar scheint, war damals Gesetz: die Orientstoffe von Karl May als Garant für eine erfolgreiche Spielzeit. Sind es Sorgen um die politische Interpretation einer solchen Aufführung oder tatsächlich die Überzeugung mangelnder Attraktivität für das „Winnetou“ verwöhnte Publikum?

Unabhängig von dieser Frage darf man zurückblickend feststellen, dass unter der Regie des damals unverzichtbar scheinenden Wulf Leisner die Dekade mit einer erneuten Aufführung von „In den Schluchten des Balkan“ begann.

Die bemerkenswerte Neuerung: ein gewisser Heinz Ingo Hilgers gab sein Debüt am Kalkberg – freilich noch nicht in der Rolle seines Lebens, sondern als Kara Ben Nemsi. Doch schon im Folgejahr sollte Herr Hilgers erstmals den Rappen Iltschi besteigen und in der Uraufführung von „Der Ölprinz“ auch gleich seinen kongenialen „Blutsbruder“ Harry Walter treffen. Diese beiden charismatischen Darsteller machten die Spiele in der zweiten Dekade ihres Bestehens weit über die Stadtgrenzen hinaus bekannt und repräsentierten sie, wie kaum ein anderer.

Spielkarten, Hörspielkassetten und -Schallplatten sowie Comicfiguren – die beiden verkörperten nicht zuletzt dank der NDR Übertragungen für eine ganze Nation das berühmte Blutsbrüderpaar.

1962 musste Hilgers ein einziges Mal die Winnetou-Rolle abgeben. Jedoch nur um die wesentlich größere und bedeutendere Rolle des Wokadeh in einer weiteren Uraufführung – „Unter Geiern“ – zu spielen. Bis heute hält sich das Gerücht, seitens der Produzenten der „Winnetou“-Filme sei Druck ausgeübt worden, den damals schon recht bekannten Darsteller nicht in Konkurrenz mit dem ersten Rialto Film laufen zu lassen.

Erstmals wurde hier auch die magische Grenze von 100.000 Zuschauern am Kalkberg durchbrochen. Wirtschaftswunder und steigende Reiselust der Menschen mag hier seinen Teil zum Erfolg beigetragen haben.

An einer strahlenden Zukunft der Spiele schienen keine Zweifel zu bestehen. „Durch die Wüste“, erneut „Der Schatz im Silbersee“, „Old Surehand“, „Winnetou II“, „Der Sohn des Bärenjägers“, noch einmal „In den Schluchten des Balkan“ und „Die Felsenburg“. Die Zuschauer wurden mit einem abwechslungsreichen Programm aus Erst- und Wiederaufführungen verwöhnt.

Neue, jüngere Gesichter tauchten im Ensemble auf, die bis heute mit der Geschichte der Spiele verbunden sind. Beispielhaft seien hier Klaus-Hagen Latwesen und Manfred Reddemann genannt.

 

Übersicht der Spielzeiten:

1960 – In den Schluchten des Balkan

1961 – Der Ölprinz

1962 – Unter Geiern

1963 – Durch die Wüste

1964 – Der Schatz im Silbersee

1965 – Old Surehand

1966 – Winnetou II – Ribanna und Old Firehand

1967 – Unter Geiern – Der Sohn des Bärenjägers

1968 – In den Schluchten des Balkan

1969 – Die Felsenburg