Bedeckter Himmel und gähnende Leere – dieses Bild zeigt sich aktuell jedem, der sich an den Kalkberg verirrt. Unter normalen Umständen würden sich um diese Zeit tausende von Besuchern um die Buden und Verkaufsstände tummeln. Doch in diesem Jahr ist Corona-bedingt alles anders! Keine galoppierenden Pferde, keine knallenden Gewehre, kein Winnetou – keine Karl-May-Spiele.
Aufgrund des Verbots von öffentlichen Großveranstaltungen bis Ende August durch die Bundesregierung, teilten die Karl-May-Spiele im April mit, dass es 2020 keine Inszenierung geben werde. Alle Fans waren geschockt. Zum Wohle der Gesundheit von uns allen ist diese Entscheidung jedoch, richtig.
Als kleines Trostpflaster für alle Fans hatte die Stadt Bad Segeberg kurzfristig seit Ende Juni einige Termine organisiert, an denen im Rahmen von geführten Touren ein Blick hinter die Kulissen möglich ist. Der Ansturm war groß. So groß, dass nachdem in Schleswig-Holstein die entsprechenden Lockerungen durch die Behörden in Kraft getreten waren, die Anzahl der Termine auf zehn pro Woche à 20 Gäste aufgestockt wurde.
Natürlich haben es sich auch die Wild-West-Reporter Sven und Malte nicht nehmen lassen an der Führung teilzunehmen. Gerne möchten wir Euch mit einigen Informationen und spannenden Anekdoten versorgen:
15 Uhr startklar am Sonnentor, die Maske in der Hand und bereit in die Geheimnisse der Kalkbergarena eingeführt zu werden! Nach einer kurzen Begrüßung und Einweisung in die Hygiene-Vorschriften, macht unsere Gruppe zu Beginn einen kurzen Stopp an den oberen Rängen der Arena, um einiges zur Geschichte und Entstehung der Bühne zu erfahren.
Bereits im frühen 12.Jahrhundert ließ der damalige römisch-deutsche Kaiser Lothar die Siegesburg auf dem 111 Meter hohen Kalkberg errichten. Fast 500 Jahre hielt sich die Burg. Mitten im dreißigjährigen Krieg wurde sie jedoch von den Schweden eingenommen und zerstört. Der bereits während dem Bestehen der Siegesburg begonnene Abbau von Gips, hat später alle Überreste der Festung verschwinden lassen. Bis Anfang des 20.Jahrhunderts war das Bergwerk in Betrieb. Inzwischen war der höchste Punkt der Stadt Segeberg deutlich geschrumpft. Heute misst der Kalkberg nur noch eine Höhe von 91 Metern.
Anfang der 1920er Jahre entschloss man sich bei der Stadt, die entstandene Kuhle zu einer Arena für Musikveranstaltungen umzugestalten. 1.500 Zuschauer sollten darin Platz finden. Doch als Folge der Weltwirtschaftskrise war kein Geld in der Stadtkasse und der Plan wurde verworfen.
1933 übernahmen die Nationalsozialisten die Macht im deutschen Reich und plötzlich war Geld kein Problem mehr. Im ganzen Land sollten bis zu 400 Thingstätten errichtet werden (für Thingspiele und politische Kundgebungen). Am Ende wurden jedoch lediglich rund 60 davon gebaut. Zu den Bekanntesten zählen die Felsenbühne in Rathen, die Waldbühne in Berlin und eben auch die Kalkbergarena in Bad Segeberg.
Der Bewerbung der Stadt Bad Segeberg wurde im Frühjahr 1934 entsprochen und man erhielt die Zusage des NS-Regimes. Bereits im Mai desselben Jahres wurde der erste Spatenstich vollzogen und im September begannen die Bauarbeiten.
Neben der Einweihung der „Nordmark-Feierstätte“ 1937, in Anwesenheit von Propaganda-Minister Goebbels, fand lediglich eine große Veranstaltung in der Arena statt. Das Theaterstück „Die Schlacht der weißen Schiffe“ an Pfingsten 1938. Nach Kriegsausbruch 1939 wurden am Kalkberg nur noch Massenkundgebungen der Nationalsozialisten abgehalten.
Die Stadt hatte das Glück, dass die Arena weitestgehend von Zerstörungen während des Krieges verschont blieb. So hatte man nach 1945 ein Stadion, wusste aber nicht wie dieses künftig Geld in die leeren Kassen spülen sollte.
Anfang der 50er-Jahre kam der Lübecker Spielleiter Robert Ludwig mit der Idee nach Bad Segeberg sein Stück „Winnetou“ am Kalkberg aufzuführen. Jetzt waren die Stadtväter in einer Luxussituation. Zeitgleich hatte sich nämlich eine Hamburger Schauspieltruppe beworben, die „Nibelungen-Sage“ in dem ehemaligen Steinbruch aufzuführen. Angesicht der hohen veranschlagten Kosten für die Sage um Siegfried, entschied man sich Anfang 1952 einstimmig für die „Winnetou-Spiele“, die später in „Karl-May-Spiele“ umbenannt wurden. Dafür stellte das Rathaus ein Budget von 25.000 DM (heute rund 12.500 Euro) zur Verfügung. Mit Blick auf den heutigen Etat von knapp 5,4 Millionen Euro ist das wenig. Für damalige Zeiten war dies jedoch viel Geld.
Die erste Inszenierung war ein voller Erfolg und so werden seit 1952 jedes Jahr die verschiedensten Geschichten aus der Feder Karl Mays im Freilichttheater am Kalkberg aufgeführt. Aufgrund der deutlich größeren Anziehungskraft von Winnetou und Old Shatterhand stand 1978 mit „Durchs wilde Kurdistan“ letztmals ein Orient-Stück auf dem Spielplan. Doch genug der Vergangenheit. In der Gegenwart machen wir uns nun auf den Weg zu den Geheimnisse der Arena. Vorbei an historischen Bildern, die den Steinbruch zeigen, an den frisch gestrichenen Palisadenzäunen und Verkaufsständen, geht es weiter.
Dabei fällt auf, dass alle Gebäude im oberen Bereich gut in Schuss sind. Die Hausmeister des Theaters leisten ganze Arbeit. Trotz des hohen finanziellen Ausfalls in diesem Jahr wird kräftig in die Instandhaltung des Theaters investiert.
Maske auf, Hände frisch desinfiziert und schon stehen wir hoch oben über den Zuschauerrängen und genießen einen einmaligen Blick, von einem der wichtigsten Orte des Theaters: dem Leitstand.
Sonst Chefsessel von Spielleiter Stefan Tietgen, der seit 2000 keine einzige Vorstellung verpasst hat, dürfen nun wir neugierigen Besucher hierauf Platz nehmen.
Während einer Vorstellung finden hier 4 Personen Platz: der Spielleiter, der Assistent der Spiel- und Produktionsleitung, der Tontechniker (regelt die Mikroports der Schauspieler) und der Tonassistent (zuständig für Schläge, Tiergeräusche, etc.). Bei den Abendvorstellungen kommt noch eine Person hinzu: der Beleuchter. Wenn Winnetou seinen großen Auftritt hat beobachten ihn nicht nur tausende Augenpaare, sondern auch ein Verfolger (Scheinwerfer). In einem Turm über den Zuschauerrängen ist noch ein weiterer installiert, da der erste nicht ohne Unterbrechungen den Mittelring ausstrahlen kann. Immer eine Woche vor der Premiere, zwischen 0 und 2 Uhr nachts, setzen sich die Lichttechniker daran, die Scheinwerfer richtig einzustellen. Dies ist der einzige Zeitraum im Juni, an dem es draußen komplett dunkel ist.
Für die Arbeit im Leitstand ist eine Sache ganz wichtig: ohne eine große Motivationsdose Haribo geht im Leitstand nichts!
Heute steht sie leider nicht an ihrem Platz, aber dafür finden wir so manches spannende Detail: Verschiedene Fotos aus vergangenen Zeiten, kleine Holztafeln, auf welchen bis vor einigen Jahren besondere Vorstellungen und ungewöhnliche Vorkommnisse eingeritzt wurden (Premiere 100.000 Besucher, Darsteller verliert Perücke oder Gebiss auf der Bühne). Besonders imposant ist das Ersatz-Mischpult, welches für den Notfall immer griffbereit ist. Vor einigen Jahren ist das Hauptmischpult während einer Nachmittagsvorstellung ausgefallen und die Schauspieler musste die restliche Aufführung ihre Dialoge ohne technische Hilfsmittel bis in die letzten Reihen des Theaters tragen. In dieser Vorstellung waren die Schauspieler Oliver Kalkofe, Bastian Pastewka und Oliver Welke zu Gast.
Wir ziehen weiter durch den Mittelring der Arena. Unterwegs werden uns die verschiedenen Auftrittsmöglichkeiten der Schauspieler und Statisten erklärt. Und wie ein Auftritt abläuft: Spielleiter Tietgen gibt aus dem Leitstand die Anweisungen des nächsten Auftrittes an Inspizienten Jan-Erik Stahl auf der Hinterbühne. Dieser gibt das GO an die Darsteller: „Winnetou A3 ab“ – kurz und knapp, denn jeder Auftritt muss sitzen, um dem Publikum eine einmalige und hochprofessionelle Show bieten zu können.
Tietgen und Stahl arbeiten seit vielen Jahren eng zusammen. Beide Funktionen sind unentbehrlich. Im Gegensatz zu kleineren Theatern bekommen die Darsteller auf der Hinterbühne das Geschehen vorne nur bedingt mit und würden sonst schnell einen Auftritt verpassen können.
Jetzt stehen wir an einer Kreuzung. Rechts geht es in die Arena. Nach links geht es Richtung Verwaltungsgebäude. Eine Frage die sich wohl jeder schon einmal gestellt hat: Wie kommen die Darsteller auf die Hinterbühne, wenn sie eben noch nach links abgeritten sind?
Natürlich gibt es hier Wege, um vom Publikum ungesehen „nach unten“ zu kommen.
Auch wir Besucher gehen diesen Weg, welcher einige Abzweigungen für weitere Auftrittsmöglichkeiten bereithält. Damit alles dort aufbewahrt wird, wo die Darsteller oder Statisten es benötigen, ist alles gut durchdacht: Kleiderhaken, Halterungen für Speere und Requisiten säumen den Weg.
Bei einem kurzen Zwischenstopp mitten auf der Bühne können wir die gigantischen Zuschauerränge bestaunen. Was muss das für ein Gefühl sein hier unten während einer Vorstellung vor rund 7.500 Zuschauern zu stehen und zu spielen?! Da kann man Schauspieler wie Joshy Peters, Nicolas König oder Harald Wieczorek sehr gut verstehen, dass sie immer wieder an den Kalkberg zurückkehren. Gigantisch!
Normalerweise ist auf dem Boden der Arena und den Wegen ein Sand/Späne-Gemisch verteilt, damit die Verletzungsgefahr bei Mensch und Tier reduziert wird. In der spielfreien Zeit sieht man am Kunstfelsen und den Reitwegen die Bretter, die sonst vom Sand verdeckt werden. Im Arenarund wurde im Frühjahr eine neue Drainage verlegt, weswegen wir aktuell auf eine ungedeckte Kiesdecke blicken. Die neue Leitung soll ein erneutes „Absaufen“, wie in zwei Vorstellungen 2019, verhindern.
Weiter geht ‘s durch das Gänge-System.
Am Ende des Weges stehen wir im Bunker. Ja, hier wurde tatsächlich im zweiten Weltkrieg ein Bunker gebaut. Wie so vieles ist auch dieser in die Natur eingelassen, eine Wand bildet der Kalkberg.
Sind die Temperaturen während einer Vorstellung extrem hoch, findet man an diesem kühlsten Ort des Theaters hier oft den ein oder anderen Darsteller.
Überall auf den Wegen hinter der Bühne ist es wichtig, auf seinen Kopf und seine Füße zu achten. Der Platz ist sehr begrenzt und die Deckenhöhe entsprechend variabel.
Auf der Hinterbühne angekommen stehen wir vor dem wohl bekanntesten Auftritt der Bühne – A3, das große Schiebetor in direkter Front zum Publikum.
Dieses wird für die Auf- und Abritte nicht, wie man vielleicht denkt, elektronisch geöffnet, sondern durch den „Doorman“. Dessen einzige Aufgabe es ist, das Tor zu öffnen und zu schließen. Im letzten Jahr immerhin rund 50 Mal pro Vorstellung! Eine extrem wichtige Aufgabe. Sollte das Tor einmal nicht aufgehen, kann es zu schlimmen Unfällen für Reiter und Pferd kommen.
Für Jeden hinter der Bühne gilt: ist das Tor offen, darf sich niemand in der Flucht des Tores aufhalten. Die Zuschauer können tief blicken. Ein Indianer am Kantinenfenster mit Kartoffelsalat und Würstchen wäre schon ein sehr irritierender Anblick für das Publikum.
Als nächstes geht es in die Maske, den Kostümfundus und die Schneiderei. Aufgrund des begrenzten Platzes wird die Gruppe geteilt.
In der Schneiderei sind verschiedene Kostüme der vergangenen Jahre ausgestellt. Unter anderem das Kleid von Beatrice Richter, als Rosmatilda Polterman, aus dem Jahr 2008. Natürlich dürfen die wichtigsten Kostüme nicht fehlen: die von Old Shatterhand und Winnetou. Die Verzierungen auf Winnetous Oberhemd wurden in mühsamer Kleinarbeit per Hand gestickt. Jede einzelne Perle haben Schneiderinnen aufgezogen.
Genauso wie die Schneiderei ist die Maske ein kleiner Raum. Nur drei Stühle und Spiegel haben hier Platz. Nach einem genauen Zeitplan werden die Schauspieler für ihre Rollen geschminkt. Je nach Auftritt ihrer Rolle in dem Stück. Bei manchen braucht dies nur wenige Minuten. Bei Joshy Peters hingegen hat dies für seine Rolle des Old Wabble (2017 „Old Surehand“) knapp 45 Minuten gedauert. Immerhin ließ man ihn um 30 Jahre altern! Die Statisten schminken sich selbst oder gegenseitig. Neben den Spiegeln hängen kleine Beutel mit den Namen und den Rollen der Hauptdarsteller. In diesen Säcken befinden sich die Mikroports der Schauspieler. Jedes Mikro kommt immer an dieselbe Stelle. So ist gewährleistet, dass der Tontechniker im Leitstand das richtige Mikrofon zum richtigen Zeitpunkt öffnet. Hinter der Maske befindet sich ein noch kleinerer Raum, in dem Kostüme gelagert werden. Auch wenn der Raum voll ist, ist dies nur ein Bruchteil der Kostüme, die in den letzten Jahrzehnten angefertigt wurden. Für die Hauptdarsteller jedes Mal maßgeschneidert.
Damit bei dem anderen Teil der Gruppe keine Langeweile aufkommt, ist der Bühnenautor und Mediensprecher der Karl-May-Spiele, Michael Stamp, vor Ort. Mit so mancher Anekdote rund um das Thema Pleiten, Pech und Pannen bringt er die Gäste zum Schmunzeln.
Wer erinnert sich noch an den Elefanten aus dem Stück „Der Schatz im Silbersee“ von 1994, welcher einen riesigen Silbersee auf der Bühne hinterlassen hat? Das Stück musste damals unterbrochen werden, um die Bühne zu reinigen.
Die regelmäßigen Besucher der Spiele wissen, dass es seit vielen Jahren Tradition ist, die letzte Vorstellung mit improvisierten witzigen Momenten auszuschmücken. 1992 haben Joshy Peters und Nicolas König (spielten Old Surehand & Apanatschka) es so sehr übertrieben, dass der damalige Geschäftsführer, Ernst Reher, eine 500 DM (zwischenzeitlich erhöht auf 500 €) Strafe in jeden Vertrag schreiben ließ. Genau ein Jahr später, vor der letzten Vorstellung, kamen Peters und König (spielten Grinley & Buttler in „Der Ölprinz“) in Rehers Büro und legten ihm jeweils 500 DM auf den Tisch, mit den Worten: „Das ist es uns wert“.
Auch den Abbruch der Premiere 2016 (wieder „Der Schatz im Silbersee“) haben sicherlich noch viele im Gedächtnis. Solche Wassermassen hat man selten gesehen. Ein Weiterspielen war unmöglich. Ein Novum. Noch nie musste eine Premiere abgebrochen werden.
Nachdem beide Gruppen in der Maske und Schneiderei waren, stehen wir vor dem „Warteplatz“ der Hinterbühne. Hier warten Schauspieler und Statisten auf das Zeichen des Inspizienten.
Heute sind dort zahlreiche Requisiten ausgebreitet. Natürlich ist nicht alles echt – aber immerhin sehr gut nachgemacht.
Michael Stamp hat eine einfache Faustregel: „Alles was aussieht wie Metall, ist aus Holz und alles was aussieht wie Holz, ist aus Metall.“
Schließlich kann ein brennender Tomahawk nicht aus Holz bestehen. Oder mit einem Messer aus Metall wäre die Verletzungsgefahr zu hoch.
Die Requisiteure am Kalkberg leisten jedes Jahr ganze Arbeit, denn kaum jemandem fällt auf, dass die Dynamitstangen aus angemalten Besenstielen bestehen. Auch die Gewehre, welche im Kampf öfter mal im Sand landen, sind meistens einfache Holzgewehre.
Aber warum muss es diese geben? Ganz einfach. Die „echten“ Gewehre vom Sand zu reinigen wäre ein viel zu großer Aufwand und die Gefahr, dass sich versehentlich ein Schuss im Kampf löst, ist zu groß. Außerdem könnte ein mit Sand verstopfter Lauf im wahrsten Sinne des Wortes nach hinten losgehen.
Auch die berühmte Silberbüchse, natürlich aus Holz, können wir bestaunen.
Wer erinnert sich noch an die Szene aus dem vergangenen Jahr, in der Larissa Marolt und Raúl Richter gemeinsam Holz hacken? Viel Kraft mussten die beiden in allen 72 Vorstellungen aufwenden, um den Holzscheit zu spalten. Oder etwa nicht? Natürlich wurde sich hier etwas überlegt, damit der Effekt jedes Mal einwandfrei funktioniert. Das Holzscheit ist mit Magneten präpariert, sodass ein leichter Schlag ausreicht, damit das Holzstück in zwei Teile auseinanderfällt. In einer Vorstellung hatte es Larissa Marolt jedoch so kräftig zugeschlagen, dass die Axt zerbrach.
Wie ist es möglich, dass eine Melone, welche in der Aufführung des vergangenen Jahres in einer Marktszene zu sehen war, auch rund 13 Monate später noch frisch aussieht? Auch hier gibt es eine einfache Lösung: man nehme einen Fußball, lasse etwas Luft heraus und besprüht diesen mit grüner Farbe. Fertig ist eine langlebige und haltbare Melone. Allerdings ist diese nicht zum Verzehr geeignet.
Man sieht, es wird am Kalkberg alles bedacht und für alles eine Lösung gefunden.
Die Wege des Theaters sind sandig und uneben. Wir stehen zwischen den Gerüsten hinter dem Kunstfelsen.
Der aus dem Zuschauerraum mächtig wirkende Kunstfelsen ist von der Hinterbühne aus betrachtet eine „dünne“ Wand. Ein Gerüstsystem, welches verschiedene Möglichkeiten bietet, den Felsen zu bespielen. Aber Achtung: ein „Durchfahrt verboten“ – Schild zeigt allen Akteuren, welche Wege frei genutzt werden dürfen und welche Bereiche nur von der ausgebildeten Stuntcrew zu betreten sind. Aus versicherungstechnischen Gründen müssen alle Szenen oberhalb des Kunstfelsens vom Stuntteam gedoubelt werden. Jeder muss sich strikt an diese Vorgaben halten.
2011 wurde der alte und marode Kunstfelsen gegen einen Neuen ausgetauscht. Dabei waren viele Punkte zu berücksichtigen: aus dem Zuschauerraum muss der 3D-Effekt wirken, das Licht der Scheinwerfer und Explosionen darf nicht in das dahinterliegende Naturschutzgebiet fallen und natürlich muss er auch wetterbeständig sein.
Häufiges Motiv in Karl Mays Abenteuern ist ein Überfall auf die Eisenbahn. So auch am Kalkberg. Da diese jedoch nicht in jedem Jahr ein Teil der Inszenierung ist, wurde eine Garage für die Lokomotive gebaut, in welcher diese, von Wind und Wetter geschützt, das ganze Jahr steht. Wie wir erfahren haben, soll die Eisenbahn im kommenden Jahr in einer spektakulären Szene wieder zum Einsatz kommen. Wir sind gespannt!
Die Führung neigt sich dem Ende zu und wir stehen jetzt an den Aufenthaltsplätzen der Akteure, die für ein Wild-West-Stück genauso wichtig sind, wie die Schauspieler: den Pferdeboxen.
Rund 25 Pferde spielen Jahr für Jahr auf der Bühne mit. Doch wo werden diese in der spielfreien Zeit untergebracht? Von Montag bis Mittwoch werden die Pferde auf eine nahegelegene Koppel gebracht. Für die Unterbringung an den Spieltagen (Donnerstag bis Sonntag) gibt es eine große Stallanlage oberhalb der Bühne zwischen Leitstand und Indian Village. Hier werden die Pferde vor jeder Vorstellung von den Darstellern und Reiterstatisten geputzt und gesattelt. Es ist wichtig, dass die Darsteller sich selbst um ihr Pferd kümmern, um eine gute Bindung zwischen Reiter und Pferd aufzubauen. Pro Saison werden rund 4 Tonnen Futter und 5.000 Ballen Heu und Stroh benötigt, um alle Pferde zu verpflegen.
Vorbei an den Pferdeboxen gehen wir weiter zum Indian Village, der letzten Station der Führung, welches 2003 durch Brandstiftung zerstört wurde. Heute steht dort ein Saloon, ein Sheriffs-Office, ein Drugstore mit einem Barber-Shop, ein General-Store, Tipis und das Nebraska-Haus. Der Neubau wurde vom damaligen Bühnenarchitekten Ulrich Schröder konzipiert. Überall findet man historische Nachbauten, so wie sie früher die Orte im Westen prägten. Im Nebraska-Haus können die Besucher in die historische Welt der Indianer eintauchen. Viele original Exponate, mit dazugehörigen Erklärungen, bringen einem die Geschichte der Ureinwohner Nordamerikas näher.
Ein größerer Verschlag wird im Sommer zur Unterbringung der Greifvögel (Adler, Geier, Bussard, u.a.) genutzt. Früher konnten Besucher die Tiere noch in einem Freigehege bestaunen. Doch zu oft wurde den Vögeln Currywurst, Pommes Frites oder ähnliches zugeworfen. Da dies schädlich für die Tiere ist, wurde der Verschlag gebaut.
Alljährlich werden im Frühjahr auf dem Gelände des Indian Village die Gaststars der kommenden Inszenierung vorgestellt. Zu Pferd oder in einer Kutsche und zu passender Musik, betreten die Schauspielerinnen und Schauspieler das erste Mal in ihren Kostümen das Gelände und präsentieren sich der Presse.
Während der Saison können die Zuschauer in der Pause einer Vorstellung das Village besuchen und Kinder dürfen hier Gold waschen.
Bevor das Indian Village in den Besitz der Kalkberg GmbH überging, wurde das Gelände von einer Segeberger Familie unter der Bezeichnung „Indianer-Reservat“ betrieben. Sie hatten es sich zur Aufgabe gemacht, den Besuchern die Geschichte der Indianer näher zu bringen.
Am Ende der Führung können wir alle uns die Häuser und deren Innenleben näher anschauen. Wer mag hat auch die Möglichkeit Souvenirs zu erwerben.
Nach mehr als 1,5 Stunden ist die Führung „Hinter-den-Kulissen der Karl-May-Spiele“ vorbei. Wir haben alle einen großartigen Einblick bekommen, welche immense Arbeit darin steckt eine Vorstellung zu bewältigen und was alles dazu gehört. Für den Besucher sieht alles ganz einfach aus, aber es steckt viel Arbeit, Zuverlässigkeit, Präzision und Vertrauen in einem Abenteuer mit Winnetou und Old Shatterhand.
Auch wenn wir uns alle gefreut haben, an so einer Führung teilnehmen zu dürfen, hoffen wir, dass das dieses Jahr eine einmalige Sache war und ab nächsten Jahr die Ränge wieder voll mit großen und kleinen Zuschauern sind und uns die Verantwortlichen in eine Welt Karl Mays entführen können.
1 Kommentar
Hallo, Kompliment für diese großartige und kreative Initiative. Karl-May-Festspielzeit ist wie Heimweh. Da muss man einfach hin. Live-Erlebnisse sind unvergleichlich und einzigartig. Hinzu kommt das gesamte Flair, das die einzelnen Spielorte ausmacht. Bad Segeberg ist Kult, ob Kalkberg, Einstein oder Vitalia. Auch alle anderen sind vertrautes Terrain. Man trifft Gleichgesinnte und viele gute Freunde. Und wenn man die Ehre hat, sich auf einen Gruß mit Darstellern zu treffen, ist das grandios. Mit vielen haben wir (Freilichtbühne Mörschied) an der ersten Karl-May-Messe herzliche Kontakte geschlossen. Durch den Misstand Corona ist statt Lethargie große Energie und Kreativität entstanden. Ganz im Sinne von Karl May. Das Gute gewinnt, bildet Brücken der Freundschaft und des Zusammenhaltes, gleich welchen Standes und welcher Herkunft. Statt gegeneinander zu kämpfen, lässt uns Brüder sein… Die gewonnene Online-Präsenz bringt noch näher zusammen – Winnetou sogar bis ins Wohnzimmer! Man hat durch die Verfügbarkeit der Informationen auch die notwendige Zeit, sich eingehend damit zu beschäftigen. Alles bleibt präsent und verhallt nicht gleich, so wie bei einer Führung. Ein tolles Netz, wunderbare Beiträge, viel herzliches Engagement. Man sollte diese „Wohnzimmernähe“ auch künftig beibehalten, vielleicht sogar ausbauen. Theater ist gelebte Kreativität. So kann Live-Freilichttheater gepaart mit digitaler Lebendigkeit zu einem Festspiel-Feuerwerk mit Potential zu großer viraler Effizienz werden. Herzlichen Dank und beste Grüße.