Karl May auf der Bühne – Ein Maysterwerk
Vor dem Schreiben dieser Zeilen musste ich wirklich nicht lange überlegen, wann ich mich so sehr auf ein Buch gefreut habe wie auf dieses: Nie! Als Ende letzten Jahres die dreiteilige Reihe „Karl May auf der Bühne“ angekündigt wurde, habe ich sofort beim Karl May Verlag bestellt. Vorfreude…unendliche Vorfreude. Doch warum eigentlich? Die Ankündigung des ersten Bandes schien auf ein „Karl May am Kalkberg – reloaded“ hinzudeuten, schließlich waren die Informationen eher spärlich und das Titelbild eindeutig. Wo so viel Bad Segeberg zu sehen ist (u.a. Alexander Klaws und Pierre Brice) muss ganz viel Bad Segeberg drin sein. In der Mitte der Collage von Torsten Greis sind allerdings auch zwei Schauspieler der frühen Inszenierungen der Felsenbühne Rathen zu sehen. Spannend!
Als ich das Buch im Sommer erstmals in den Händen hielt, konnte ich mein Glück kaum fassen. Nein, es geht nicht nur um Bad Segeberg, nein es geht nicht nur um Rathen. Es geht um alles! Um all das was seit 1908 auf den deutschen Theaterbühnen zu sehen war. Einen Anspruch auf Vollständigkeit bieten uns die Autoren Reinhard Marheinecke und Nicolas Finke nicht, es ist bei der Fülle an Informationen aber kaum vorstellbar, dass irgendeine wichtige Information fehlen könnte.
Gliederung:
Inszenierungen an Theaterhäusern der heutigen Bundesrepublik bis 1945
Auf über 120 Seiten erfährt der Leser Erstaunliches. Hättet ihr etwa gewusst, dass nicht nur in München, Berlin, Hamburg oder Leipzig, sondern auch in Rudolstadt, Göttingen, Wernigerode, Halle oder auch Kiel Karl May auf die Bühne gebracht wurde? Vermutlich genauso wenig wie der Schreiber dieser Zeilen. Der wusste nämlich nicht einmal, dass seine Heimatstadt Oldenburg mit einem der schönsten Staatstheater Deutschlands einmal durch Winnetou und Old Shatterhand beglückt wurde. Nämlich 1931. So wie mir dürfte es vielen Lesern dieser faszinierenden Lektüre gehen. „Karl May auf der Bühne“ bietet wohl jedem etliche Überraschungen.
Geplante Karl May Bühnenprojekte der heutigen Bundesrepublik bis 1945
Auch geplante Projekte fanden ihren Weg in dieses Standardwerk über Aufführungen des sächsischen Erfolgsschriftstellers. Wiesbaden, Potsdam, Essen und auch Bamberg sind nur einige Städte in den Aufführungen am Theater geplant aber nicht umgesetzt wurden. Für uns heute kaum vorstellbar sind die Gründe aus denen die geplanten Aufführungen nicht stattfanden. So lesen wir in einem abgedruckten Originaldokument von 1939 an den Karl May Verlag: „Sehr geehrte Herren, leider müssen wir Ihnen mitteilen, dass wir aufgrund der politischen Lage zahlreiche Einberufungen haben und das Stück „Winnetou“ auf unbestimmte Zeit verschieben müssen.“ Auch hier punktet das Buch, finden wir doch zahlreiche Original Dokumente, Plakate usw. aus verschiedenen Jahren.
Karl May auf der Freilichtbühne auf dem Gebiet der heutigen Bundesrepublik bis 1961
Wer heute an Karl May auf der Bühne denkt, verbindet damit die großen Inszenierungen auf den verschiedenen Freilichtbühnen. Es dauerte aber bis 1930, als Winnetou und Old Shatterhand erstmals auf einer Freilichtbühne zu sehen waren. In Oybiner Waldtheater startete gewissermaßen eine bis heute andauernde Erfolgsstory. Eindrucksvolle Bilder, handgezeichnete Plakate und eine Fülle an Informationen erwartet den Leser in diesem Abschnitt. Spannend: Auch Kinderaufführungen fanden den Weg in dieses Buch. So erfahren wir z.B. das der Hamburger Tierpark Hagenbeck ebenfalls einmal ein Festspielort war.
Geplante Karl May Freilichtbühnenprojekte bis 1962
Nicht nur den gescheiterten Indoor sondern auch Outdoor Projekten widmen sich die Autoren ausgiebig. Kleve, Gütersloh, Osnabrück… wo war nicht überall eine Karl May Inszenierung geplant. Die Faszination Karl Mays hielt nahezu überall Einzug. Vielleicht auch besser so, wollte doch der Karl May Club in Neumarkt in der Oberpfalz eigene Geschichten frei nach Karl May auf die Bühne bringen. Das Projekt scheiterte letztlich daran, dass die Verantwortlichen kein geeignetes Gelände fanden.
Die folgenden knapp 150 Seiten befassen sich mit den bekannten Bühnen in Rathen, Ratingen und Bad Segeberg und abschließend eine Interviewrunde mit Ekkehard Bartsch, Michael Stamp und Michael Müller
Fazit:
Dieses Buch ist ein Geschenk. Man merkt an jeder Stelle, dass Marheinecke und Finke mit Leidenschaft und Liebe dieses ambitionierte Projekt realisiert haben, wovon dieser Band der erste von dreien ist. Die Fülle an Informationen, die erstklassige Bildauswahl (fast 400 Bilder), die tollen Zeitdokumente – hier stimmt alles. Jeder der sich nur ansatzweise für Karl May auf der Bühne oder auch dem Thema Theater oder Festspiele hingezogen fühlt, muss dieses Buch haben!
Das Buch im laminierten Pappband mit Gold-Veredelung kostet 49 €. Auf einigen Social-Media-Kanälen sorgte der Preis für Diskussionen. Diese sind aufgrund des Inhalts, der Sisyphos Arbeit der Autoren, der Aufmachung und der Besonderheit des Buches mehr als ungerechtfertigt. Dieses Maysterwerk ist eine Zierde für jedes Bücherregal und wird langfristig Freude bereiten. Wer sich etwas Besonderes gönnen möchte, sollte sich „Karl May auf der Bühne“ als Sonderband in grünem Leinen gönnen. Dieses kann man für 99 € über den Karl May Verlag beziehen. Im April folgt voraussichtlich der II. Band, welcher sich u.a. dem Elspe Festival und Karl May auf Österreichischen Bühnen widmen wird.
Format: 21,0 x 29,7 cm
Umschlag: Hardcover (laminierter Pappband mit Gold-Veredelung)
Titelbild: Torsten Greis
Verlag: Karl-May-Verlag GmbH
ISBN: 978-3-7802-0143-0
Preis: € 49,- [D]
Seiten: 400