Die Ketten klirren, straffen sich – und dann schwebt das Ungetüm aus Stahl fast lautlos durch die Luft. Bei den Karl-May-Spielen war jüngst ein besonderes Schauspiel zu beobachten: Zwei Bohrtürme wurden von einem 60-Meter-Kran durch das Freilichttheater am Kalkberg gewuchtet. Sie zählen zu den wichtigsten Spielorten im neuen Abenteuer „Der Ölprinz“, das am 25. Juni 2022 Premiere feiert.
Nach zwei Jahren coronabedingter Zwangspause läuft der Bau des Bühnenbildes auf Hochtouren. In den kommenden Wochen wird er erst einmal pausieren, da an drei Mai-Wochenenden sechs Großkonzerte im Freilichttheater stattfinden. Nur die Kulissen-Teile, die den Aufbau der Konzertbühne nicht stören, wurden bereits installiert.
Dazu zählen die beiden Bohrtürme, die erstmals von Bühnenbildner Leif-Erik Heine gestaltet worden sind – nach einem Entwurf seines Hamburger Kollegen und Vorgängers Andreas Freichels. Doch zunächst einmal hat Leif-Erik Heine ein Modell des Freilichttheaters im Maßstab 1:64 gebaut. Das gesamte Gelände wurde mit einer Drohne vermessen, mittels 3-D-Drucker in ein Modell verwandelt und liebevoll von Hand bemalt.
Die Karl-May-Spiele sind für den Bühnenbildner eine neue Herausforderung. „Ich habe schon auf einer Freilichtbühne gearbeitet, aber nicht auf einer von dieser Größe“, erzählt Leif-Erik Heine. Das Freilichttheater am Kalkberg besitzt eine Fläche von rund 18.000 Quadratmetern. „Wenn man hier etwas aufstellt, muss man sich schon am Anfang genau überlegen, was man wann bemalt“, verrät der Künstler. „Ganz einfach, weil man später unter Umständen nicht mehr rankommt.“
Einen der beiden Bohrtürme hat er komplett neu bauen lassen. Beim zweiten Exemplar konnten die Karl-May-Spiele auf einen Turm zurückgreifen, den sie in ihrem Lager aufbewahrt hatten. Er wurde von Leif-Erik Heine aber so verändert, dass er komplett neu erscheint. „Ich habe bei beiden Türmen eine Plattform hinzugefügt, auf der Kämpfe stattfinden können. Und von beiden Türmen stürzt ein Darsteller hinunter.“ Hinzu kommen noch Spezialeffekte, weil auch eine außer Kontrolle geratene Lokomotive und explodierende Ölfässer eine wichtige Rolle im Showdown spielen.
Die Türme sind jeweils über 12,2 Meter hoch und bis zu 3,5 Meter breit. Die neuen Plattformen befinden sich in 8,5 Metern Höhe. Der vierachsige Kran, mit dem sie bewegt wurden, kann an seinem Ausleger in 44 Metern Höhe eine Maximallast von 80 Tonnen transportieren. Für ihn waren die etwa 1,5 Tonnen schweren Bohrtürme eher Leichtgewichte. Allerdings mussten sie zentimetergenau platziert werden, damit die geplanten Stunts planmäßig über die Bühne gehen können.
Das Pueblo der kriegerischen Nijoras steht ebenfalls bereits. Während der Proben, die am 23. Mai unter der Leitung des neuen Regisseurs Ulrich Wiggers beginnen, wird weiter am Bühnenbild gebaut. Geschäftsführerin Ute Thienel: „Die Zuschauer können sich auf ein stimmungsvolles Bühnenbild freuen, das einige Überraschungen bereithält. Allein schon das neue 3-D-Modell hat uns sehr begeistert.“