Zeitenwende am Kalkberg? – Luxusproblem am Kalkberg?
Der König ist tot, lang lebe der König! – Gipfelstürmer am Kalkberg!
Der neue Häuptling der Apatschen!
Zwei Jahren ist es her, dass zum letzten Mal die Schreie wilder Indianer, die donnernden Hufe galoppierender Pferde und der Klang der Silberbüchse vom Kalkberg widerhallten. Endlich ist es soweit! Das Publikum durfte mit der Premiere von „Der Ölprinz“ einen Höhepunkt in der langen Geschichte der Karl May Spiele erleben – allerdings aus ganzen anderen Gründen als vielleicht vermutet. Corona hielt nicht nur eine ganze Welt in Atem und machte auch 24 Monate lang Aufführungen am Kalkberg unmöglich. Corona griff auch in die Vorbereitungsphase dieser so lang erwarteten Spielzeit brutal ein. Was für jedes Theater den Supergau darstellt trat ein: der Hauptdarsteller unmittelbar vor der Premiere erkrankt. Egal wie gut oder wie schlecht nun dem Betrachter das dargebotene Stück gefällt: diese Personalie stand im absoluten Mittelpunkt der allgemeinen Neugier und deshalb auch im Zentrum unserer Blitzkritik. Sascha Hödl ist der Mann, der sich über Nacht mit der Aufgabe konfrontiert sah, den berühmtesten Häuptling der deutschen Literatur verkörpern zu müssen. Hödl, der vielleicht nicht die mediale Aufmerksamkeit des erkrankten Alexander Klaws dafür aber bereits eine lange persönliche Karl May Geschichte besitzt erwies sich als Volltreffer. Nur wenige Tage der Vorbereitung, allgemeine Umdisposition von Rollen und Inhalten – herausfordernder kann ein Auftrag kaum sein. Doch der junge Mann aus Österreich erwies sich als Volltreffer. Getragen von seiner persönlichen Begeisterung für die Werke von Karl May und gestützt auf die Erfahrungen die er bereits als Winnetou Darsteller in Österreich erwerben konnte, hat er die Herzen des Publikums im Sturm erobert. Mit ruhiger Stimme, erhaben und majestätisch wie es der verstorbene berühmte Vorgänger Heinz-Ingo Hilgers es als Ziel formulierte, spielt Hödl den edlen Apatschen als wenn er nie etwas anderes getan hätte. Spielt er ihn? Nein, er lebt ihn! Doch ganz den Erfordernissen der Aufführung folgend wechseln diese ruhigen und erhaben anmutenden Momente dem Kampf und wilder Entschlossenheit, für das Gute einzustehen. Als persönlichen Höhepunkt darf Sascha Hödl wohl seinen einsamen einfühlsamen Monolog werten, der in der Generalprobe sogar von anerkennendem minutenlangen Zwischenapplaus unterbrochen wurde. Wann haben die Zuschauer je so auf einen Winnetou Darsteller reagiert? Auch in den sozialen Netzwerken wird seine Leistung bereits mit herausragendem Lob gewürdigt. Sascha Hödl: ein Winnetou wie man ihn sich besser kaum vorstellen kann. Kraftvoll und dynamisch im Auftritt, sanft und einfühlsamer Diplomat im Rat, authentisch und absolut sicher in der Führung seines Pferdes. Eine tiefe Verbeugung vor dieser Leistung!
Kommen wir kurz zum Inhalt (mehr zu Inszenierung und Darstellern wird in Kürze folgen): Erfolglos bohrt ein gewisser Jenkins in der Einöde von Arizona nach Öl. Überraschend wird sein Camp, das von zwei gewaltigen Bohrtürmen dominiert wird, von Banditen angegriffen. Deren Anführer, Buttler, entpuppt sich jedoch bei aller Brutalität nur als Handlanger eines noch perfideren Schurken, des Ölprinzen. Der macht schnell klar, dass er das ertraglose Camp zu einem gewaltigen Betrug nutzen will. Dass er dabei keine Zeugen gebrauchen kann ist klar und so werden Jenkins und seine Arbeiter eiskalt eliminiert. Ein ungewohnt actionreicher Beginn für ein Karl May Stück am Kalkberg. In der Folge orientiert sich die erneute Adaption von Michael Stamp an der Kerngeschichte des Romans. Old Shatterhand trifft nach langer Abwesenheit wieder im Westen ein und trifft auf seinen Blutsbruder. Dieser fürchtet um den Frieden da Häuptling Mokaschi allen Weissen zürnt. Man bricht auf, um zu vermitteln. Der Scout Sam Hawkens trifft derweil am Saloon des irisch stämmigen Paddy auf die Banditen, die ihren Raub bei dem Wirt, der sich auch als Hehler verdingt verkaufen wollen. Sam Hawkens gelingt es, den großmäuligen Buttler im Wettschießen zu schlagen und anschließend die ganze Banditenbande festzusetzen. Aber der zwischenzeitlich ebenfalls eingetroffene im Ruhestand befindliche Kantor Hampel, der nach Inspiration für eine Western-Oper lechzt und als Mitglied eines Auswanderer-Trecks reist, befreit in unglaublicher Naivität die Banditen. Der Vermittlungsversuch der Blutsbrüder scheitert tragisch. Der Streit unter den verschiedenen Stämmen eskaliert, der alte Häuptling Nitsas-Ini stirbt, Häuptling Mokaschi will im Alleingang mit seinem Stamm die Weissen aus der Prärie jagen. Der Auswanderertreck, zu dem auch Schi-So, der Sohn des Häuptlings Nitsas-Ini gehört, droht zu den ersten Opfern dieses Kriegszugs zu werden. Aber auch Buttler und seine Finders-Banditen wollen sich das Geld der Auswanderer unter den Nagel reissen. Winnetou und Old Shatterhand müssen nun eingreifen. Es gilt die Auswanderer unter der Führung der resoluten Rosalie Ebersbach zu retten, die Stämme wieder zu versöhnen sowie die Machenschaften des Ölprinzen zu durchkreuzen. Viele Konflikte müssen ausgetragen werden. Wird Schi-So seine Liebe zu der jungen Auswanderin Lizzy opfern und die Nachfolge des toten Häuptlingsvaters übernehmen? Werden die Auswanderer ihr Ziel erreichen? Kommt es zum tödlichen Zwist zwischen Buttler und dem Ölprinzen? Gelingt der Betrug rund um die wertlose Ölquelle? Reist an den Kalkberg und werdet Zeugen der spannenden Handlung!
Weitere Kritiken zu Darsteller, Regie, Buch und Bühnenbild usw. folgen in weiteren Artikeln.